Mit der Einführung der Psychopharmaka wurden große Änderungen der Psychiatrie und deren Therapie in Gang gebracht. Aber nicht nur die Therapie durchlief einen heute noch nicht zum Abschluss gekommenen Wandel, der bis heute in vielfältiger Weise zunehmend differenziert andauert. Auch die Methodik stand vor völlig neuen Aufgaben. Man war sich einig darin, dass standardisierte Messmethoden eine entscheidende Voraussetzungen für wissenschaftlich solide Experimente auch in der Psychiatrie erforderlich sind. Hierin liegt die Wurzel für die Entstehung und das andauernde Engagement der CIPS (Collegium Internationale Psychiatriae Scalarum).
Damals entstand eine Vielzahl von psychiatrischen Messmethoden zusammenfassend als „Skalen“ bezeichnet, die zur quantifizierten und objektiven Erfassung von Aussagen und Beobachtungen durch Arzt, Pflegepersonal und Patient benutzt wurden.
Zwei Ansätze standen international als große Projekte zu einem systematischen und methodischen Vorgehen zur Verfügung: das ECDEU-(Early Clinical Drug Evaluation Unit-)System und das AMP-(Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie) und AGP-(Arbeitsgemeinschaft für Geronto-Psychiatrie-)System in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die klinischen Prüfungen von Psychopharmaka durch pharmazeutische Firmen wurden meist international durchgeführt und erforderten nicht nur „übersetzte“ Skalen, sondern auch gleiche Kennwerte zu Objektivität, der Reliabilitäts- und Validitätskriterien der übersetzten Skalen. Diese Aufgabe setzte sich die damals entstandene Gruppe von Vertretern einer Reihe von pharmazeutischen Firmen in deutschsprachigen Ländern als Ziel. Die Mitglieder dieser Gruppe mit heterogenen Fachrichtungen (Mediziner*innen, Psychiater*innen, Biolog*innen, Psycholog*innen, Biometriker*innen etc.) bildeten CIPS zur Bearbeitung des gemeinsamen Ziels.
Die firmenübergreifende Zusammenarbeit führte 1977 zur ersten Ausgabe der „Internationalen Skalen für Psychiatrie“ (Herausgeber: CIPS). Eine Sammlung wesentlicher Skalen wurde in einer standardisierten authentischen Übersetzung vorgestellt, Literaturangaben zu testtheoretischen Gütekriterien, Anwendungs- und Auswertungshinweisen gegeben.
Die Überarbeitung der Literatur zu vorhandenen Skalen, neu entwickelte Skalen und Neuaufnahmen in das Buch, überarbeiteten Skalen führten zu Neuauflagen des CIPS-Buchs „Internationale Skalen für Psychiatrie“ bis zu 6. Auflage.
Weitere CIPS-Publikationen folgten:
- Flicker Techniques in Psychopharmacology (1982), Ott H. und Kranda. Beltz Verlag Weinheim
- Psychopharmacology and Reaction Time (1988), Editors: I. Hindmarch, B. Aufdembrinke, H. Ott, John Wiley & Sons, Ltd., Chichester, New York, Bisbane, Toronto, Singapore
- Rating Scales für Psychiatry, European Edition (1991), (in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie, AMDP), Beltz Verlag, Weinheim
- Pharmakopsychologie. Experimentelle und klinische Aspekte (1992), (in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Neuropsychologie, GNP), Hrsg. J. Oldigs-Kerber und J.P. Leonard, Gustav Fischer Verlag, Jena und Stuttgart
- Auswertung psychiatrischer Skalen (1994), (in Zusammenarbeit mit der AG "Biometrie in der pharmazeutischen Forschung" der Internationalen Biometrischen Gesellschaft), Hrsg. G. Gammel, R. Görtelmeyer, G. Meng, Psychologie Verlagsunion, Weinheim
- Apparative Methoden für die Arzneimittelentwicklung (1994), Hrsg. CIPS, Leonard, J., Ott, H., Schaffler, K., Beltz-Test-Verlag, Weinheim
- "Standard-Arbeitsanweisung für die Registrierung und rechnergestützte Auswertung von Pharmako-EEG-Daten"., Arbeitsgruppe "EEG in der Phase I." von CIPS, Z. EEG-EMG 27 (1996), 55 - 58
- "Interventions- und Veränderungsanalyse - Ein Vorschlag zum Paradigmenwechsel in der Therapie-Evaluation", Roman Görtelmeyer, Peter Lang - Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt / Main 2001
Eine kritische Auseinandersetzung mit den neuen Medien im Internet, Änderungen in den Diagnostischen Kriterien (DSM, ICD) und den Leitlinien zu Therapieempfehlungen sowie neuer Therapieformen machen die Überarbeitung der vorhandenen Skalen und Modifikationen oder Neuentwicklungen erforderlich. CIPS wird sich auch zukünftig bei der Diskussion, Entwicklung und Bewertung von zuverlässigen und validen Mess- und Beurteilungsmethoden engagieren.