Über Cips

Über Cips


Ausgangspunkt für CIPS ist der Einzug von Arzneimitteln in die Psychiatrie. Um einen Beitrag zur Etablierung von Methoden für die kontrollierte Dokumentation der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Psychopharmaka zu leisten, wurde am 15. November 1974 in Frankfurt am Main die CIPS (Collegium Internationale Psychiatriae Scalarum) gegründet.

GESCHICHTE  VON  CIPS

Erstellt von Dr. med. Thomas Munz

 

Nicht aus heiterem Himmel…

Ausgangspunkt für CIPS ist der Einzug von Arzneimitteln in die Psychiatrie. 1957 wurde das Collegium Internationale Neuro-Psychopharmacologicum gegründet, welches heute unter CINP (siiaienpii) bekannt ist. In einer Zeit, in der Englisch noch nicht alles dominierend war, konnte ein auch damals schon als etwas sperriger „clumsy latinate name“ Name akzeptiert werden. Die Latinisierung als sprachlicher Kompromiss im internationalen Umfeld wurde später auch von CIPS gewählt: Collegium Internationale Psychiatriae Scalarum.

Kongressthemen von CINP waren z. B.:

  • Insufficiencies and needs in psychopharmacology – Criteria of drug selection (1968)
  • Influence of psychotropic drugs on sleeping behavior in animals and humans (1968)
  • Methods of evaluation of anxiolytics (1970)
  • Influence of drugs on social behavior (1970)
  • Effects of drugs on interpersonal processes (1970)

Aus diesen Themen kann man nachvollziehen, dass in der Psychopharmakologie viel in Bewegung war, man aber noch keinen Consens bezüglich Testen, Messen, Auswerten und Vergleichen hatte. Die epochemachenden Wirkstoffe Chlorpromazin (1952) (im Logo der Fachgesellschaft AGNP) und Imipramin (1957) waren zuvor noch ohne Zulassungsverfahren auf den Markt gebracht worden. Psychopharmakolgie bedeutete Ende der 1960er Jahre: Es gab 65 Firmen welche eines oder zwei Psychopharmaka herstellten bzw. vermarkteten.  Von diesen 65 vertrieben vier Firmen zehn oder mehr Psychopharmaka.

1969 veröffentlichte Lienert die auch heute noch gültigen Gütekriterien für testpsychologische Verfahren:

  • Objektivität
  • Reliabilität
  • Validität
  • Normierung
  • Vergleichbarkeit
  • Ökonomie
  • Nützlichkeit

Diese universellen Gütekriterien wurden bis heute auch zum Massstab der in der CIPS mitarbeitenden Biometriker.

Der erste Versuch einer Standardisierung psychiatrischer Skalen (rating scales) für klinische Studien mit Psychopharmaka wurde von einer Arbeitsgruppe des National Institute of Mental Health (NIMH) der USA unternommen. Es resultierte die erste Version der ECDEU (Early Clinical Drug Evaluation Unit) im Jahr 1970, mit einer Revision 1976. Auf einem Kongress der ECDEU in Key Biscayne im Jahr 1974 wurde die Gründung für das Entstehen der CIPS in die Wege geleitet. Dr. J. Levine ermutigte seine deutschen Kollegen Dres. W.M. Herrmann, W. Obermair und K. Täuber, eine Sammlung von Skalen in deutscher Sprache zu erstellen.

Die Gründungsversammlung fand am 15. November 1974 bei der HOECHST AG in Frankfurt am Main statt. Gründungsväter waren: Dr. Werner Herrmann (Schering), Dr. Walter Obermair (Merck), Dr. Karl Täuber (Hoechst). Das ständige Sekretariat und der offizielle Sitz waren damals in Berlin bei der Schering AG. Der Gründungszweck war, einen Beitrag zur Etablierung von Methoden für die kontrollierte Dokumentation der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Psychopharmaka zu leisten.

Was tat sich in der Medizin? Man konnte bislang noch nicht „in den Kopf schauen“.

1972: Godfrey N. Hounsfield entwickelt die Computertomographie

1974: M.E. Phelps, E.J. Hoffman und M.M. TerPogossion entwickeln den ersten PET-Scanner.

Beide Verfahren revolutionierten die medizinische Bildgebung. Sie waren aber kein Ersatz für die standardisierte Anwendung psychiatrischer Skalen in klinischen Versuchen der Entwicklung für die spätere Zulassung von Psychopharmaka.

Man erinnere sich, dass die Entwicklung des DSM, Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, das Klassifikationssystem der Psychiatrie, noch relativ in den Anfängen stand. 1952 erschien das DSM-I mit 106 diagnostischen Kriterien, 1968 DSM-II mit 182 Diagnosen, 1980 DSM-III (deutsche Version 1984), DSM-III-R 1987, DSM-IV 1994, DSM-V 2013. Die Gründung von CIPS lag also zwischen DSM-II und DSM-III. Die Diagnosen für grossen internationalen multizentrischen Zulassungsstudien für Psychopharmaka richten sich schon seit Jahrzehnten nach DSM. Parallel kristallisierte sich ein gewisser ‚Goldstandard‘ an psychiatrischen Skalen für die internationale Verwendung in wissenschaftlichen und in Zulassungsstudien heraus. Die sach- und fachgerechte Anwendung der Skalen im Speziellen oder zumindest die Dokumentation darüber genügt oft nicht den publizierten Vorgaben. Hier mit Fakten im Sinne einer evidenz-basierten Skalenanwendung entgegenzuwirken, war Ziel und Zweck von CIPS.

Mit Unterstützung von Pharmafirmen in Deutschland, welche klinische Forschung und Entwicklung betrieben, wurde 1977 „Internationale Skalen für Psychiatrie“ im Beltz Test Verlag veröffentlicht.

Beteiligte Pharmazeutische Firmen der 1. Auflage des Skalenhandbuchs, 1977:

  • BAYER AG
  • C.H.BOEHRINGER SOHN
  • CIBA-GEIGY
  • HOECHST AG
  • KNOLL AG
  • E. MERCK
  • SCHERING
  • Dr. K. THOMAE GmbH

Aufgrund vieler neuer Entwicklungen war es erforderlich geworden, bereits 1981 die 2. Auflage von „Internationale Skalen für Psychiatrie“ herauszugeben.

Beteiligte Pharmazeutische Firmen der 2. Auflage des Skalenhandbuchs, 1981:

  • BAYER
  • BOEHRINGER MANNHEIM
  • C.H. BOEHRINGER Sohn
  • CIBA-GEIGY
  • HOECHST
  • KNOLL
  • MERCK
  • SANDOZ
  • SCHERING
  • THOMAE

Folgender Auszug aus dem Vorwort zur 2. Auflage 1981 von Petra Netter, Vorsitzende der AGNP, Giessen, hat auch heute noch Relevanz:

„Jahrzehntelang bestand die psychiatrische Wissenschaft im wesentlichen in der minutiösen Beschreibung psychopathologischer Phänomene. Mit der zunehmenden Bedeutung der Pharmakopsychiatrie und der Öffnung der Disziplin zur Biochemie und Neurophysiologie auf der Suche nach biologischen Korrelaten oder vielleicht sogar Ursachen psychischer Veränderungen rückte das Fach mehr in den Bereich naturwissenschaftlicher Betrachtungsweisen. Im Vergleich zum Therapieeffekt der meisten internistischen Präparate zeichnet sich die Wirkung von Psychopharmaka auf einer grossen Zahl von Messdimensionen ab, ist durch vielfältigere Zusatzfaktoren überlagert und aufgrund der resultierenden grösseren inter- und intraindividuellen Streuung schlechter reproduzierbar.“

Es gab also das Bedürfnis nach Standardisierung und Validierung von Messverfahren zur Erfassung psychopathologischer Phänomene und ihrer Veränderung. Diesem Bedürfnis wurde CIPS mit seinem Skalenhandbuch mehr als gerecht.

Fünf Jahre nach der zweiten erschien 1986 die 3. Auflage von „Internationale Skalen für Psychiatrie“.

1987 richtete die europäische Fachgesellschaft ECNP (European College of Neuropsychopharmacology) das Subkommittee ESCT (European Standards for Clinical Trials) ein. Dieses Subkommittee setzte sich zusammen aus CIPS, der AMDP (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie) und der AEP (Arbeitsgemeinschaft Europäischer Psychiater). Beteiligt an ESCT waren

  • für CIPS: A.A.Müller
  • für AMDP: D.Bobon, B.Woggon
  • für AEP: S.Montgomery, Ch.Pull

Eines der Hautziele von ESCT war die Harmonisierung der in Europa benutzen psychiatrischen Skalen (rating scales). Harmonisierung verstand sich als Standardisierung des Einsatzes von Rating Scales in klinischen Studien der Neuropsychopharmakologie und Standardisierung der dafür eingesetzten statistischen Analysen.

1990 trug die Zusammenarbeit von CIPS und AMDP Früchte durch das Erscheinen von „Rating Scales for Psychiatry – European Edition“. Editors: AMDP (Association for Methodology and Documentation in Psychiatry) and CIPS. Beteiligt waren 48 CIPS-Gesellschafter und 5 Mitglieder von AMDP. Das Werk umfasste 16 Skalen in fünf Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch.

1994 erschien im Beltz Test Verlag im typischen CIPS-Logo das Buch „Auswertung psychiatrischer Skalen“. Herausgeber: G. Gammel, R. Görtelmeyer, G. Meng. Diese CIPS-Mitglieder und Biometriker arbeiteten auch in der Arbeitsgruppe Psychologie der Deutschen Region der Internationalen Biometrischen Gesellschaft. Sie wird in der Einleitung des Buches auch adhoc-Gruppe Chemisch-Pharmazeutische Forschung der DR der Internationalen Biometrischen Gesellschaft genannt. Man rang nicht nur sprachlich, sondern auch fachlich, aber kollegial und fachübergreifend zwischen Biometrie, Psychologie/Psychiatrie und klinischer Methodik um Themen wie:

  • Verlaufsanalyse klinischer Beurteilungsskalen
  • Multiple statistische Tests
  • Fehlende Daten
  • Die Auswertung von Bewertungsskalen mittels Rangsummentests
  • Allgemeine Aspekte von Psychopharmaka-Studien

1996 erschien die 4. Auflage von „Internationale Skalen für Psychiatrie“.

2000 Erste CIPS Homepage im Internet

2004 erschien die 5. Auflage von „Internationale Skalen für Psychiatrie“.

2015 erschien die 6. Auflage von „Internationale Skalen für Psychiatrie“.

Die Publikationen von CIPS als Herausgeber oder unter Beteiligung von CIPS-Mitgliedern, die Kontaktpflege auf Vorstandsebene mit Fachgesellschaften mit fachlichen Überschneidungspunkten, die fachkritische Evaluierung anderer Skalierungsmöglichkeiten für die Psychopharmakologie (apparative Methoden versus ‚paper and pencil‘ Skalen) resultierte aus seit der Gründung 1974 durchgehaltenen Maxime halbjährliche Arbeitstagungen abzuhalten. Viele (nationale) Experten trugen auf Einladung Ihr Wissen mit Bezug zu Skalen in der Psychiatrie vor.